Mira

Kastration- Ja, Nein oder Jein (Verhaltensorientiert)

Lange versprochen und jetzt geschafft. Auch ich gebe nun meinen Senf, zum Thema Kastration, dazu. Eigentlich ist dieses Thema ja allgegenwärtig bei mir, denn ich werde ja tagtäglich gefragt was denn ich zu dem Thema meine, vor allem was ich empfehlen würde. Vorneweg, auf die Frage Kastrieren ja/nein, gibt es keine pauschale Antwort. Eine Kastration ist abwägungssache und sollte immer individuell auf den Hund und im Endeffekt auf dessen Umfeld, entschieden werden. Was man sich selber immer fragen sollte, gerade bei der Haltung eines unkastrierten Rüden: „Bin ich/ sind wir fähig einen unkastrierten Rüden zu managen?“ Erfahrungsgemäß haben die viele Hundehalter diese Fähigkeiten nicht, oder zumindest zum entsprechenden Zeitpunkt noch nicht. Spätestens wenn Sie einen unkastrierten Hund halten, hier mal davon abgesehen von Rüde oder Hündin, müssen sie die Romantik des „Hundemami/Papi- Seins“ komplett über Bord werfen. Da gibt es kein „ der tut nix“ oder „der will nur spielen“. Denn tatsächlich ist es so das intakte Individuen vermehrt auf Krawall aus sind als ihre kastrierten Artgenossen. Hündinnen zeigen sich vermehrt zickiger aufgrund ihres Hormonhaushaltes der dazu führt dass sie eins bis dreimal im Jahr läufig werden (dazu ein kleiner Exkurs zum Thema Läufigkeit: die dauert durchschnittlich 20 Tage wovon sie zirka 8-12 Tage davon blutet). Es ist wunderbar einer Hündin bei der Entwicklung beiwohnen zu können und sie nicht zu kastrieren. Hier haben wir aber ein großes Aber. Hündinnen haben teilweise echt damit zu kämpfen, kommen also mit ihrem Hormonhaushalt nicht ganz so klar wie wir uns das wünschen. Wenn Sie also bemerken das Ihre Hündin unter psychischem Druck leidet, Schein-schwanger wird, Tierchen umher trägt, sich Nester baut, sogar das Gesäuge wächst und sie sogar anfängt zu laktieren, dann tun Sie Ihrer Hündin den Gefallen und lassen sie vor der nächsten Läufigkeit kastrieren. Sie ersparen ihr Stress und psychisches Leid. Wenn Ihre Hündin aber kein Problem damit hat dann darf sie ja auch gerne intakt bleiben, Sie müssen lediglich darauf achten das sie keinen ungewünschten Rüden-Besuch haben (und ja, eine Hündin decken zu lassen weil ihr das bei der Entwicklung hilft finde ich unverantwortlich!!). Generell rate ich von der Kastration ab wenn eine Hündin sehr „rüdenhaft“ wirkt- also eine „Rüdin“. Durch die weiblichen Geschlechtshormone kann eine raue Hündin, mit der Zeit, doch etwas sanfter im Auftreten werden. Übrigens ist es möglich dass eine Hündin bereits in der Gebärmutter etwas zu viele männliche Hormone (Testosteron) erwischt. Wenn eine Hündin zwischen zwei Rüden liegt ist die Wahrscheinlichkeit dafür sogar sehr groß. Umgekehrt (Rüde der in der Gebärmutter zu viel Östrogen erwischt) geht das nicht.

Intakte Rüden sind noch ein etwas anderes Kaliber für Hundehalter, denn intakte Rüden neigen dazu vieles in Kämpfen aus zu tragen. Wenn Sie einen intakten Rüden halten dann müssen sie auf eine saubere und strukturierte Grund-Erziehung sehr viel Wert legen. Da ist nichts mit „laissez faire“. Man kann schon Unterschiede beobachten ob ein Rüde in einem gut strukturierten Alltag lebt oder wo und bei welcher Familie/Halterpaar oder auch noch Einzelhalter, etwas Chaos herrscht. Gerade bei Rüden aus chaotischen Verhältnissen (das meint nicht das man dort der Hund nicht geliebt und umsorgt wird), kommt es sehr oft  zu Machtkämpfen und sonstigen Streitigkeiten. Es kann aber auch in Kämpfen ausarten bei denen es um Leben und Tod geht. Dabei ist ein ganz natürlicher Lernprozess vor sich gegangen der sich wie folgt vereinfachen lässt: Konfliktsituation- kein Management seitens Halter- gelernt alleine zu agieren- Lösung Strategie gefestigt. Kommt also ein junger Rüde ein paar Mal in die Situation wo er lernt dass er seine Kämpfe selber ausfechten kann, wird er es in Zukunft auch sehr oft tun. Merken Sie dass Ihr Rüde die Tendenz zu solchem Verhalten hat dann müssen Sie sich bewusst sein dass ein Managementfehler Ihrerseits zugrunde liegt. Liegt es in ihrem Interesse an sich und Ihren Qualitäten zu arbeiten? Dann gut, nichts wie ran an den Speck. Wenn nicht und wenn auch ein paar andere Faktoren eine Rolle spielen (zb. Kinder, Familie etc) dann ziehen sie doch mal eine Kastration in Erwägung und machen Sie mal einen Testlauf mit dem Suprelorin-Hormonchip. Diese Maßnahme empfehle ich auch bei Rüden die ihren Sexualtrieb nicht unter Kontrolle haben. Man spricht hierbei von Hypersexualität. Das sind Rüden die: Nicht fressen, kaum trinken, nervös sind, jammern und jaulen, streunen wenn eine Läufige Hündin in der Gegend ist. Ebenfalls gibt es Rüden die sogar kastrierte Hündinnen enorm bedrängen und sexuell belästigen. Dies ist meiner Meinung nach ein totales No-Go, nur schon gegenüber den Hündinnen. Falls Ihr Rüde solches Verhalten zeigt, bitte einmal chippen. Auch Rüden bei denen es so scheint als seien sie permanent unter Strom und deutliche Konzentrationsschwächen zeigen und auch kaum ansprechbar sind wenn sie an einem interessanten Geruch festhängen – bitte ebenfalls ein Testdurchlauf mit einem Hormonchip wagen. Permanenter Stress ist für kein einziges Lebewesen gut. Und wenn Sie jetzt denken „das regelt die Natur schon“ erinnere ich Sie gerne daran dass der Hund nicht von der Natur gemacht wurde, sondern von uns Menschen. Es gibt beinahe keine andere Spezies, auf diesem Planeten, die so viele genetisch bedingte Erkrankungen aufweist wie unsere Haushunde.

Eine oft gestellte Frage: Aufreiten-Sexualtrieb ja oder nein.

Aufreiten (mit Ausnahme wenn ein Rüde eine läufige Hündin trifft, teilweise wollen auch kastrierte Rüden oder sogar Hündinnen), ist immer, immer, immer (ich könnte noch mehr immer ansetzen) eine Stressabbaustrategie und dient zur Bewältigung, wie das Wort schon sagt, des Stresses der in dieser Situation auftritt. Falls sie dies beobachten achten sie sich mal auf das Erregungslevel Ihres Hundes in der bestimmen Situation und lassen Sie sich von einem Profi helfen (hochwertiges Einzeltraining bei einer Fachperson die nach neusten Erkenntnissen arbeiten)